Kreuzband erhalten statt ersetzen


Die innovative Operationsmethode Ligamys® hilft, rasch wieder auf die Beine zu kommen, denn ein Kreuzbandriss kann Profisportler ebenso treffen wie Menschen mit weniger aktivem Lebensstil.

Das Ligamys-Implantat

Ligamys® ist ein Implantatsystem, um das Kniegelenk nach einem Kreuzbandriss dynamisch zu stabilisieren. Der große Vorteil: Anstatt das gerissene Band durch eine körpereigene Sehne zu ersetzen, kann das eigene Kreuzband mit seinen Funktionen erhalten werden.
Dafür wird am Anfang eines etwa zweitägigen Aufenthalts in unserer Klinik für Unfallchirurgie das Ligamys-System eingesetzt. Während des 45-minütigen Eingriffs nähen die Operateure das Kreuzband arthroskopisch und schrauben danach in den oberen Teil des Schienbeins ein metallisches Federungssystem. Anschließend wird im Oberschenkelknochen ein Polyethylen-Faden verankert, der über ein 2,4 Millimeter großes Bohrloch zum Schienbein geführt und unter Spannung im Federungssystem befestigt wird.

Ligamys-Faden und Federungssystem

Im Ergebnis ist das Kniegelenk wieder stabil und gleichzeitig beweglich. Die beiden Kreuzbandstümpfe wurden ohne Zugbelastung zueinander geführt, sodass sie wieder zusammenwachsen können. Kleine Perforierungen im unbelasteten Bereich des Oberschenkelknochens fördern die Heilung zusätzlich. Eine Spezialkamera und sehr feine OP-Instrumente sorgen dafür, dass nach der Behandlung nur minimale Narben zurückbleiben.
Nach ungefähr sechs Monaten hat das Kreuzband seine volle Funktionsfähigkeit zurückgewonnen, und die Metallhülse kann in einem ambulanten Eingriff wieder aus dem Unterschenkelknochen entfernt werden.

"Durch Ligamys können wir das eigene Kreuzband unserer Patientinnen und Patienten erhalten und müssen keine körpereigene Sehne entnehmen"

Dr. med. Wolfgang Hauth, Funktionsoberarzt der Klinik für Unfallchirurgie
Dr. med. Reinhard Hörner, Oberarzt der Klinik für Unfallchirurgie

Interview

Welche Erfahrungen machen sie mit Ligamys in der Erler-Klinik?

In unserer Klinik für Unfallchirurgie werden bisher nur etwa 16 Prozent aller Rekonstruktionen am vorderen Kreuzband mit der Ligamys-Methode operiert. Das liegt aber nicht am fehlenden Erfolg des Verfahrens, sondern vielmehr an dem sehr begrenzten Zeitfenster, um das System operativ einzusetzen. Da sich die Kreuzbandstümpfe nach einem Unfall relativ schnell zurückbilden und für ein natürliches Zusammenwachsen ein frischer Riss erforderlich ist, muss innerhalb von 21 Tagen operiert werden. Dabei stehen den Verletzten oftmals lange Wartezeiten im ambulanten Bereich im Weg, zum Beispiel zur Befunderstellung beim Orthopäden oder bei einem MRT-Termin. Erst im Anschluss kann eine Operation im Wunschkrankenhaus vereinbart werden – leider erfolgt das in vielen Fällen erst nach Ablauf der 21-tägigen Frist.

Gibt es Kreuzbandrisse, bei denen Ligamys nicht geeignet ist?

Auch wenn das kurze Zeitfenster strikt eingehalten wurde, entscheidet der Operateur erst zu Beginn des athroskopischen Eingriffs, ob das Ligamys-System eingesetzt werden kann. Kein Kreuzband gleicht dem anderen, und auch die Unfallhergänge unterscheiden sich enorm. Deshalb sind trotz aller Innovationen natürlich immer die Expertise der operierenden Unfallchirurgen und ihre Einschätzung beim direkten Blick auf das gerissene Kreuzband gefragt. Prinzipiell sind Kreuzbandrisse nur dann für eine Operation mit Ligamys geeignet, wenn der Stumpf noch gut erhalten ist. Ein Eingriff ist jedoch in keinem Fall umsonst – der Operateur entscheidet sich dann in der Regel für die herkömmliche Kreuzbandrekonstruktion.

Welches Vorgehen empfehlen sie den Verletzten?

In jedem Fall sollten die Verletzten nach dem Unfall mit der Untersuchung durch einen Facharzt nicht zu lange warten und sich zeitnah um einen Termin bemühen. Besonders jüngere Menschen hatten bis zum Unfall oft noch keine Berührungspunkte mit Orthopäden – ihnen fehlt daher der kurze Draht in eine Praxis. In solchen Fällen können größere Gemeinschaftspraxen oder Medizinische Versorgungszentren zuweilen schneller einen Termin anbieten, wie unsere DR. ERLER MVZ am Kontumazgarten und in Mögeldorf, die beide einen orthopädischen Schwerpunkt haben. Nach der Bestätigung der Diagnose im MRT informieren unsere niedergelassenen Kollegen das Sekretariat der Klinik für Unfallchirurgie auf kürzestem Weg über die anstehende Operation, sodass hier keine kostbare Zeit verloren geht.

PRO

  • Das eigene Kreuzband bleibt erhalten.
  • Die zusätzliche operative Entnahme einer Sehne entfällt.
  • Die Bohrkanäle sind im Vergleich zu anderen Operationsmethoden sehr klein.
  • Die Rehabilitation verläuft mit Ligamys und der 6-wöchigen Behandlung mit einer Bewegungsorthese wesentlich schneller.

KONTRA

  • Die Operation muss spätestens 21 Tage nach dem Unfall erfolgen.
  • Die Operationstechnik ist nur für das vordere Kreuzband möglich.
  • Die Methode ist bei einer Nickelallergie nicht geeignet.
  • Das Operationsverfahren ist noch nicht für Kinder zugelassen.

Pro und kontra der der Ligamys-Operationstechnik